Die Speise

So stellen Sie eine korrekt dosierte Nachgärung sicher

Die Schlauchreife des Bieres, also der richtige Abfüllzeitpunkt, ist erreicht, wenn der Extraktgehalt des Bieres ca. 0,5 bis 1% oberhalb des nichtvergärbaren Restextraktes liegt. Diese Differenz dient einer ausreichenden Nachgärung in den Flaschen. Mit einer Schnellvergärprobe können Sie den nichtvergärbaren Restextrakt feststellen. Die Entwicklung des Extraktgehaltes messen Sie durch regelmäßiges Spindeln der gärenden Würze.

Was aber, wenn die Schlauchreife erreicht ist, während Sie nächtens selig schlummern, sich tagsüber mit Ihrer Arbeit herumplagen oder aus anderen Gründen
keine Zeit haben? Dieses Problem betrifft jeden Hobbybrauer früher oder später. Im Zweifelsfall heißt es: Lieber zu früh als zu spät abfüllen, und so berichtete mir ein ehemaliger Kursteilnehmer, dass er morgens um vier aufgestanden sei, um das Jungbier vor dem Dienst abzufüllen. Dies muss nicht sein, wenn Sie mit Speise arbeiten.

Unsere Speise ist ein beiseite gestelltes
Teil der Ausschlagwürze (z.B. 1,5 Liter bei einem 20-Liter-Sud), welches sehr empfindlich und daher nach dem Abkühlen im Kühlschrank aufzubewahren ist. Bei untergärigen Bieren genügen etwa 7 %, bei obergärigen Bieren und/oder höheren Gärraumtemperaturen empfehlen sich 10 % Speise. Wenn sich nach mehreren Suden zeigt, dass die Nachgärung stets zu heftig ausfällt, können Sie die Speisemenge nach unten korrigieren, bei Bedarf natürlich auch nach oben.

Da sie so sensibel ist, sollten Sie die Speise sofort nach dem Hopfenseihen
heiß und damit steril in Bügelflaschen zapfen. Kleiner Tipp: Wenn Sie die heiße Würze eingefüllt und die Flaschen verschlossen haben, drehen Sie sie einige Sekunden lang auf den Kopf, damit auch die Verschlüsse sterilisiert werden. Die restliche Würze stellen Sie nach dem Abkühlen mit Hefe an – wie üblich. Während die Anstellwürze die Hauptgärung durchläuft, geschieht mit der Speise (hoffentlich) nichts.

Die Hauptgärung können Sie nun mehr oder weniger interessiert verfolgen. Sie brauchen aber weder eine Schnellvergärprobe, noch müssen Sie täglich spindeln, noch den Abfüllzeitpunkt des Bieres genau erwischen. Sie müssen eigentlich gar nichts tun, auch nicht morgens um vier aufstehen, sondern nur
abwarten, bis die Gärung vollständig zum Erliegen gekommen ist.

Jetzt kommt die große Stunde der Speise. Sobald Sie Zeit haben (innerhalb von 24 Stunden sollte es allerdings sein) schöpfen Sie, wie sonst auch, mit einem Teesieb Schaumreste, ungelöste Hopfenbestandteile und sonstiges von der Oberfläche Ihres vergorenen Sudes bis sie blank ist.
Dann gießen Sie vorsichtig die Speise in das Jungbier (nicht mehr umrühren!) und füllen es unmittelbar anschließend ab.

Die noch unvergorene Speise hebt den Extraktgehalt in einem für die Nachgärung ausreichenden Maße an. Diese Verfahrensweise hat eine
Reihe von Vorteilen, nämlich ...

  • ein Minimum an Aufwand während der Hauptgärung;
  • der Abfüllzeitpunkt kann nicht versäumt, sondern in gewissen Grenzen selbst bestimmt werden;
  • eine ausreichende Nachgärung ist so gut wie sicher;
  • eine übermäßige Kohlensäurebildung findet meist nicht statt, daher müssen die Flaschen nicht gelüftet werden und können auch nicht explodieren;
  • durch die zur Ruhe gekommene Gärung hat sich mehr Trub am Boden des Gärbottichs abgesetzt, und deutlich weniger Trub gelangt in die Flaschen (sofern Sie nicht mehr umrühren).
Diesen Vorteilen stehen keinerlei Nachteile gegenüber – zumindest haben sie sich im häufigen (!) praktischen Einsatz noch nicht gezeigt. Daher kann ich die Verwendung von Speise nur wärmstens empfehlen.

Noch ein weiterer Tipp: In den letzten Stunden vor der Speisezugabe sollten Sie die Flaschen mit der Speise neben den Gärbottich stellen, damit die Speise
ungefähr dieselbe Temperatur wie die Würze hat. Ist die Speise nämlich deutlich kühler, hat sie eine größere Dichte und kann unter Umständen auf den Boden sinken. Dann findet eine Schichtung anstelle einer Vermischung statt, ein höchst unerwünschter Effekt, der die Wirkung der Speise zunichte macht.